Leipziger Musikwerke EUPHONIKA
Firmenname:
1895 Otto Bergmann
1895-1911 Leipziger Musikwerke Euphonika AG
Adressen:
1895 - 1910 Friedrich-List-Str.11
Verzeichnet im Leipziger Adressbuch:
1904-10

Der Uhrmacher Otto Bergmann hatte zunächst als alleiniger Firmen-Inhaber mit der Produktion von mechanischen Ziehharmonikas begonnen, gründete aber nach kurzer Zeit mit  Emil Mucker – ebenfalls von Haus aus Uhrmacher -  eine Aktiengesellschaft. Mucker hatte bereits Patente für mechanische Instrumente erworben und offenbar auch schon eine eigene Werkstatt eingerichtet, denn:  „Die Gesellschaft erwirbt von Herrn Mucker das Reichspatent 79003 sowie die hierauf bezüglichen anderen Patente und die in der von Mucker interimistisch eingerichteten Fabrik vorhandenen Maschinen“ (ZfI 15/1895 S. 527).

 Spezialität dieser Firma wurden Zungeninstrumente, vor allem Organetten, sowie die „Euphonika“, eine mechanische Harmonika in Bandonion- oder Konzertina-Form. Dieses Instrument lief mit einem Glashütter Uhrwerk und klang nach damaligen Berichten täuschend echt, wie von Hand gespielt, da dynamische Nuancierungen möglich waren. Aufträge aus dem In- und Ausland bescherten den Inhabern gutes Auskommen (ZfI 16/ 1896, S. 445). Schon 1896 brachte die Firma noch eine Billig-Variante, die Euphonika B ohne das kostspielige Glashütter Uhrwerk, auf den Markt. Ebenso beliebt waren die „Amorette“ genannten Organetten in verschiedenen Größen mit runder Notenscheibe und Stahlzungen anstelle von Bronzeblech.

Mucker und Bergmann verließen kurz nacheinander die Firma, die mit guten Erfolgen noch über 10 Jahre weiter bestand; zusätzlich produzierte man hier Pfeifen-Orchestrions mit Zungenstimmen. Nach Übernahme einer Berliner Leierkastenfabrik wurde das Sortiment noch einmal erweitert. Für den Konkurs 1910 sah man mehrere Ursachen, u. a. den Mangel an Exportorder aus England und Russland (ZfI 30/1910, S.911).

In diesem Unternehmen entstanden außerdem Bandonions zum Handspiel. So präsentierte man 1905 zur Herbstmesse Bandonions in Chemnitzer und Carlsfelder Tonlage (ZfI 25/1905, S.1091). Zur Ostermesse 1908 zeigte man ein Begleit-Pedal für Bandonions (ZfI 28/1908, S.475).

Firma in Daten:
  • 1895 „Die Firma „Otto Bergmann“, die als Specialität die Fabrikation von (mittels Notenblatt) mechanisch spielbaren Ziehharmonikas begonnen hat, ist vergangene Woche in eine AG umgewandelt worden“ (ZfI 15/1895, S.447). Am 5.4. Eintragung ins Handelsregister, Vorstandsmitglieder sind Uhrmacher Johann Emil Mucker und  Otto Hermann Bergmann (ZfI 15/1895 S. 527)
  • 1896 Mucker aus dem Vorstand ausgeschieden und Carl Ernst Arthur Tannewitz Prokura erteilt (ZfI 16/1896, S.905)
  • 1897 Bergmann ausgeschieden (ZfI 17/1897, S.267)  
  • 1904 Firma hat die gesamten Bestände der Leierkastenfabrik von Heinrich Hermann in Bernau bei Berlin (Drehinstrumente Lux, Favorites, Libellen, Iris, Manopans, Herophons) käuflich übernommen und wird Fabrikation weiter betreiben (ZfI 24/1904, S.457)
  • 1910 am 10.5. Konkursverfahren eröffnet. „Aktionäre dürften voraussichtlich leer ausgehen...“ (ZfI 30/1910, S.911).
  • 1911 Konkursverfahren aufgehoben (ZfI 31/1911, S.809), letzter Eintrag ins LAB
Auszeichnungen:
  • 1897 Leipzig sächsisch-thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung: Silber für gut gearbeitete Musikwerke mit Notenscheiben (ZfI 18/1897, S.53)
Personalien:
Bergmann, Otto Hermann

(*8.7.1848 Leipzig-Lindenau †Lepzig 1922), Bürger und Uhrmacher, wohnhaft ab 1878 Roßplatz 13. Bereits ab 1873 muss er ein eigenes Geschäft als Uhrmacher gehabt haben, da im Leipziger Adressbuch von 1908 dieses Datum als Geschäftsgründung angegeben ist. Ab 1895 führte er dieses Unternehmen und zugleich noch ein weiteres Geschäft, denn im Adressbuch von 1895 bis 1922 gibt es den Eintrag „Uhrmacher und Bukettbinderei“ (1895-1908 in Lindenau Demmeringstr.6 und 1915-22 Henriettenstr.2).

Mucker, Johann Emil

 (*1.8.1842 Leipzig), Bürger und Uhrmacher, Hausbesitzer, Vater von Johann Paul Mucker (→Leipziger Musikwerke Sonatina), ist 1899 aus Leipzig weggezogen.

Geschäftliches:
Aktienkapital
1895 20000 Mark (ZfI 15/1895 S. 527)
 
Reingewinn
1896  3324, 61 Mark (ZfI 17/1897, S.539).
 
Dividende
1906  6% (ZfI 27/1907, S.643)
Literatur:
  • Bowers, David Q., Encyclopedia of Automatic Musical Instruments, New York 1972, S. 747-748.
  • Birgit Heise, Mechanische Handharmonikas aus Leipzig, in:  Das Mechanische Musikinstrument Nr. 98, April 2007 (Herausgeber Bernhard Häberle) S. 17-21.

  • Ord-Hume, Arthur W.J.G., The musical box: a guide for collectors, Atglen 1995.
Warenzeichen:
  • Amorette, No 34611   L. 2124 am 21.6.98
Patente und Gebrauchsmuster:

Von den insgesamt 19 Gebrauchsmustern betreffen allein acht die mechanische Ziehharmonika; die meisten entstanden 1895-96, eines 1908. Nach Ausscheiden von Mucker und Bergmann 1896 gab es also viele Jahre kein Gebrauchsmuster mehr für Ziehharmonikas. Aber schon 1896 experimentierte man hier  an einem Musikautomaten mit Pfeifen und Zungen (Nr. 56636). Zusammen mit weiteren Gebrauchsmustern führten diese Konstruktions-Entwürfe zum Orchestrion von 1899. Ab 1897 verkaufte man Amoretten mit tanzenden, gespiegelten Figuren entsprechend dem Gebrauchsmuster Nr. 75066. Drei Gebrauchsmuster betreffen mechanische Schlaginstrumente; das Glockenspiel ist dann tatsächlich gebaut worden.

Patente (für Johann Emil Mucker, L Peterssteinweg 7)

  • 79003 Mechanisches Musikwerk mit Notenstiftplatte. 6.9.93 (ZfI 15/ 179; ausführlich S. 497)

Gebrauchsmuster (für Otto Bergmann))

  • 39699 B 3770 Zweiseitig spielende Notenplatte für mechanische Musikwerke bei welcher die Musikzeichen oder die Zwischenpausen ausgearbeitete Vertiefungen oder Erhöhungen bieten. 7.1.95 (ZfI 15/1895 S.627) 

Gebrauchsmuster (für Johann Emil Mucker, L Peterssteinweg 7)

  • 39899 M 2806 Ziehharmonika, bei welcher das Öffnen und Schließen der Klappen durch ein mittels Laufwerks bewegtes Notenblatt bewirkt wird. 16.4.95 (ZfI 15/1895 S.627)

Gebrauchsmuster (für die Firma)

  • 41934 L 2272 Notenplatten mit ausgestanzten und umgebogenen Stiften zur Hervorrufung der kurzen und mit besonderen befestigten Streifen zur Hervorrufung der langen Töne. 20.5.95 (ZfI 15/1895 S.735)
  • 42014 L 2298 Spielmechanik für mechanisch spielende Ziehharmonikas und dergl., bei welcher die Ventile durch einen mit dem Spielhebel in Verbindung stehenden Stift geöffnet und durch eine Feder geschlossen werden. 1.6.95 (ZfI 15/1895 S.755)
  • 45238 L 2487 Mechanische Ziehharmonika bei welcher das Notenblatt in einer besonderen Abteilung des Stimmkastens auswechselbar angeordnet ist. 19.8.95 (ZfI 15/1895 S.915)
  • 56635 L 3155 Aufzugsvorrichtung für mechanische Musikwerke aus zwei mit auf Zug und Druck wirkenden Klinken besetzten und durch Treibstangen mit einem Handhebel verbundenen Hebeln. 21.4.96 (ZfI 16/1896 S.655)
  • 56636 L 3156 Musikautomat mit Harmoniumstimmen oder Pfeifen bei welchem runde Notenblätter mittels eines Laufwerkes mit Federkraft, die Schöpfer oder Bälge hingegen durch ein mittels Gewicht getriebenes Treibwerk betätigt werden. 21.4.96 (ZfI 16/1896 S.655)
  • 56637 L 3157 Mechanisch spielbare Ziehharmonika bei welcher auswechselbare, bandförmige, unendliche oder lose Notenblätter mittels eines Laufwerkes von der Mitte oder Seite angetrieben werden.21.4.96 (ZfI 16/1896 S.655)
  • 56638 L 3158 Mechanisch spielbare Ziehharmonika bei welcher auswechselbare Notenblätter in Form von runden Scheiben oder Streifen mittels eines Laufwerkes von der Mitte oder von der Seite her kreisförmig angetrieben werden.21.4.96 (ZfI 16/1896 S.655)
  • 61327 L 3291 Mechanisch spielbare Ziehharmonika mit von Hand betätigtem, das innere Laufwerk stetig triebfähig haltendem Schalthebel. 6.6.96 (ZfI 16/1896 S.935)
  • 61344 L 3400 Spielmechanik für Leierkasten, Ziehharmonika und dergl. mit in Längsrichtung einer schiefen Ebene verstellbaren Ventilklappen. 15.7.96 (ZfI 16/1896 S.935)
  • 61345  L 3401 Mechanisch spielbare Ziehharmonika mit Antrieb der Notenblatttreibachse und des Windfangs durch von Hand beeinflußte Druckhebel, bzw Klinke, Sperrad und Feder. 15.7.96 (ZfI 16/1896 S.935)
  • 64565 L 3601 Antrieb für Treibwerke durch zwei auf einer gemeinschaftlichen Welle gelagerte mittels auf- und abwickelbarer Schnur in Drehung versetzte Rollen bzw. Klinken, Sperräder und Feder. 26.9.96 (ZfI 17/1897 S. 131)
  • 75066 L 4174 Mechanisches Musikwerk mit zwischen Winkelspiegeln angeordneten, von der Notenblatt-Reibwelle durch Schnüre und Rollen in Umdrehung versetzten Figuren. 22.4.97 (ZfI 17/1897 S.675)
  • 82750 L 4573 Mechanisches Musikwerk, bei welchem im  Gehäuse befindliche Türen durch vom Windbalg gespeiste Bälge mittels Schnüre und Federn selbstthätig geöffnet und geschlossen werden. 11.9.97 (ZfI 18/1897 S.97)
  • 113077 L 6210 Stimmstock für Musikwerke mit Windbetrieb, bei welchem die Luftzutrittsöffnungen je einer Stimmen- und Pfeifenkanzelle durch eine gemeinsame Klappe geöffnet und geschlossen werden. 7.3.97 (ZfI 19/1899 S.651)
  • 253069 L 14315 Mechanisches Schlaginstrument, bestehend aus einem aufrecht stehenden Ständer mit im oberen Teile desselben auf einem gemeinsamen Träger angeordenten Klangkörpern und einer von einem Federtriebwerk in Drehung versetzten, mit durchlochten Notenzeichen auf die Spielhebel wirkenden auswechselbaren Notenscheibe. 15.5.05 (ZfI 25/1895 S.819)
  • 256653 L 14440 Mechanisches Schlaginstrument nach Gebrauchsmuster 253069, gekennzeichnet durch einen am Ständer drehbar angeordneten, zweiarmigen federnden Sperrhebel, welcher nach vollendetem Vortrag eines Musikstückes die Notenscheibe und das Triebwerk anhält.16.6.05 (ZfI 25/1905 S.967)
  • 275345 L 15680 Mechanisches Glockenspiel, bei welchem die Klangkörper auf einer quer zum aufrecht stehenden Ständer liegenden Tragachse rechts und links vom Ständer angeordnet sind.3.3.06 (ZfI 26/1906 S.725)
  • 357475 L.20351 Ziehharmonika, deren Registerschieber mit einem Quersteg und einem durch den Stimmkasten hindurchgehenden Hebel derart verbunden sind, daß die Registerschieber gleichzeitig verstellt werden können. 16.10.08 (ZfI 29/1909 S.279)