Orphenion-Musikwerke
Firmenname:
1891-1899 Bruno Rückert Orphenion-Musikwerke-Fabrik
1899 Orphenion-Musikwerke Seiler, Müller & Hensch                                 
Adressen:

1893 – 99 Sedanstr. 5, 7

Verzeichnet im Leipziger Adressbuch:
1893-1899

Bruno Rückert erlangte ab 1891 mehrere Gebrauchsmuster und Patente und gründete spätestens 1891 eine eigene Firma zum Bau von Lochplatten-Spielwerken. Sein Orphenion, das in vielen Varianten, von der Schatulle bis zum Wandspielschrank, gebaut wurde, fand guten Anklang. Dennoch geriet das Unternehmen spätestens 1897 in Schwierigkeiten und musste Konkurs beantragen. In einem Nachruf auf Bruno Rückert wurden als Gründe  benannt: „Seine Werke waren seinerzeit ihres schönen, weichen und melodiösen Tones wegen sehr beliebt. Leider wurde auf ihre technische Herstellung zu wenig Sorgfalt verwendet. Zahn- und Federbrüche waren an der Tagesordnung, und so war das Ende der einst so blühenden Fabrik ein wenig ruhmvolles“ (ZfI 28/1908, S. 823).

Von den Orphenion-Musikwerken waren sehr viele verkauft worden, und es gab sicher weiterhin einen Bedarf an dazu passenden Lochplatten mit neuestem Repertoire. Diese Platten  wurden offenbar in der Firma „Orphenion-Musikwerke Seiler, Müller & Hensch“ noch weiter produziert. Es ist nicht bekannt, wie lange diese Firma existierte.

Nach Ord-Hume (1995 S. 223) hatten die Orphenion-Musikwerke den schönsten Klang überhaupt unter den Musikwerken dieses Genres, konnten jedoch hinsichtlich der Lautstärke nicht mit den „Polyphons“ u. a. Konkurrenten mithalten.

Firma in Daten:
  • 1891 erste Erwähnung der Firma anlässlich der Ostermesse (ZfI 11/1891 S. 282)
  • 1894 Brandschaden am 9.12. (ZfI 15/1894, S.211). Betrieb konnte nach 3 Tagen wieder beginnen (ZfI 15/1894, S.235).
  • 1897 Konkurs angemeldet am 6.4.97 (ZfI 17/ 1897, S.513). Fabrik hat viele Aufträge und arbeitet weiter, Lieferungen prompt (ZfI 17/1897, S. 539)
  • 1898 ADLER hat das Fabrikgrundstück der in Konkurs geratenen „Orphenion“ gekauft, um hier die Fabrikation ihrer bekannten Adler-Spieldosen in vergrößertem Maßstabe fortzusetzen (ZfI 18/1898, S.345).
  • 1899 Firma ab 20.6. gelöscht (ZfI 19/1899, S.841). In einem Inserat erscheint eine Firma „Orphenion-Musikwerke Seiler, Müller & Hensch“ in der Dorotheenstr.20 mit „Orphenion–Noten aus Stahlblech“. (ZfI 20/1899, S. 93)
Personalien:
Rückert, Bruno

 (†1907 mit 68 Jahren), Dampfsägewerksbesitzer, gründete ca. 1891 seine eigene Firma, die nach acht Jahren in Konkurs geriet. Rückert zog sich nach Jena zurück, wo er einen kleinen Holzhandel anfing (ZfI 28/1908, S. 823). Nach Ord-Hume (1995 S. 301; siehe Firma/Literatur) wurde Rückert am 9.6.1841 [dann wäre er jedoch nur 66 Jahre alt geworden, d.V.] in Aue geboren und ist als junger Mann nach Amerika ausgewandert. 1874 kam er nach Leipzig und gründete ein Sägewerk. Vor 1891 war er ein weiteres Mal in Amerika, wo er mit Musikwerken, speziell der Fertigung von Gehäusen, in Berührung kam.

Literatur:
  • Goldhorn, Luuk, Nachforschungen über Bruno Rückert, sein Lyraphon und Orphenion, in: Das Mechanische Musikinstrument 37/1985, S. 4-11.
  • Ord-Hume, Arthur W.J.G., The Musical Clock, Derbyshire 1995 S. 223, 301.
  • Bowers, David Q., Encyclopedia of Automatic Musical Instruments, New York 1972, S. 132-133.
  • McElhone, Kevin, The Disc Musical Box - A Compendium of Information about Disc Musical Boxes and Related Instruments, 2012.
  • Ord-Hume, Arthur W.J.G., The musical box: a guide for collectors, Atglen 1995.
Patente und Gebrauchsmuster:

Patente (für Bruno Rückert, Sedanstr.)

  • 70822 Notenplatte für mechanische Musikwerke. 2.3.92 (ZfI 13/1893 S.705); zugleich Schweizer Patent Nr. 5010 vom 26.4.1892. Patent-Anspruch: Eine auswechselbare Notenplatte P für mechanische Musikwerke, bei welcher zwecks Einführung des das Bethätigen des Tongebers bewirkenden Zwischengliedes (etwa Rädchen R) in die dasselbe zu beeinflussen bestimmten Durchlochungen L der Notenplatte der hintere Rand N dieser Durchlochungen nach unten rinnenartig ausgebaucht ist.

 

  • 83209 Dämpf- und Bremsvorrichtung für mechanische Zungeninstrumente. 15.7.93 (ZfI 15/1895 S.889; ausführlich mit Skizze ZfI 16/1896 S.277):

 

Patent (für Gustav Hensch Königsstr. 17)

  • 114820 Anreißvorrichtung für mechanisch spielbare Musikinstrumente. 17.9.99 (ausführlich mit Skizze ZfI 21/1901 S.369):

 

  • 258723 Mechanisches Glockenspiel. 27.4.12 ZfI 33/1067 (dort ausführlich):

 

Gebrauchsmuster (für Bruno Rückert Fregestr. bzw. Sedanstr.)

  • 13300 R. 801 Mehrfedriges Triebwerk für mechanische Musikwerke mit auswechselbaren Noten.  8.4.93 (ZfI 13/1893 S.555)
  • 15124 R. 800 Dämpfervorrichtung für mechanische Musikwerke mit Stimmkämmen, gekennzeichnet durch einen unter Federdruck stehenden und vom Anreißrädchen zugedrückten Dämpferhebel. 8.4.93 (ZfI 13/1893 S.683)
  • 21572 R 1324 Betrieb für mechanische Musikwerke mit auswechselbarem Notenblatt, welcher nur aus Federhaus und Regulator besteht. 20.1.94 (ZfI 14/1894 S.399)
  • 22858 R 619 Notenplatte für mechanische Musikwerke, deren Notenzeichen rinnenartige Ausbauchungen sind. 31.12.94 (ZfI 14/1894 S.475)
  • 32414 R 1942 Aufhängbarer Notenscheibenständer mit einem ausziehbaren Register und einer Klappe. 19.10.94 (ZfI 15/1895 S.211)
  • 43346 R 2556 Windfang mit auf der Achse sitzender Fangplatte und durch Schleuderkraft auseinander gehenden Fangscheiben. 3.7.95 (ZfI 15/1895 S.801)
  • 70581 R 4071 beim Öffnen und Schließen der Tür sich öffnender und schließender Notenbehälter für Schränke mechanischer Musikwerke. 30.1.97 (ZfI 17/1897 S. 435)
  • 48377 Mechanismus für mechanische Musikwerke mit Stimmenkämmen.1.3.89 (ZfI 13/1893 S.321)
  • 56928 Dämpfervorrichtung für mechanische Musikwerke mit Stimmenkämmen. Zusatz zu 48377. 2.10.90 (ZfI 13/1893 S.321) 
Patent-Übertragung (Patente von Bauer & Röder aus Firma KOMET, von 1888, übertragen auf Rückert)
  • 48377 Mechanismus für mechanische Musikwerke mit Stimmenkämmen.1.3.89 (ZfI 13/1893 S.321)
  • 56928 Dämpfervorrichtung für mechanische Musikwerke mit Stimmenkämmen. Zusatz zu 48377. 2.10.90 (ZfI 13/1893 S.321)