Leipziger Musikwerke PHOENIX
Firmenname:
1886-1911 Leipziger Musikwerke „Phönix“, Schmidt & co.
1911-1918

Leipziger Musikwerke „Phönix“ GmbH

Adressen:
1887-1888 Markt 8 (Fabrik: Kurprinzstr. 18)
1889-1893 Markt 8 (Fabrik: Inselstr.12)
1893-1909 Markt 8 (Fabrik: Gohlis, Georgstr.33, heute Natonekstr.22)
1910-1916 Gohlis, Georgstr. 22
Verzeichnet im Leipziger Adressbuch:
1887-1916

Das Unternehmen etablierte sich neben der Firma von →Leipziger Musikwerke vormals Paul Ehrlich zur bedeutendsten Fabrikationsstätte für Organetten. Doch zu Beginn der Produktion reichte Paul Ehrlich, der Erfinder und bisher einzige Produzent von Organetten, sogleich Klage gegen die Firma ein. Erst 1889 entschied das Gericht zugunsten von Phönix und es durfte weiter produziert werden (ZfI 9/1889, S.303). Daraufhin blühte die Firma auf; man war nahe daran gewesen, die Fabrikation ganz aufzugeben, aber der günstige Ausgang des Prozesses brachte einen Aufschwung. Den Vertrieb übernahm →GROB (ZfI 9/1889, S.340).

In einem ausführlichen Artikel über die Organette „Phönix“ wurde als Besonderheit hervorgehoben, dass die Platten aus oxydfreiem Zinkblech gefertigt seien, was das Rosten selbst im feuchten Klima ausschließt. Zudem könnten Stücke von verschiedener Länge (68, 80 und 130 Takte) geliefert werden. „Die Tonqualität... ist eine sehr gewählte und nicht die des gewöhnlichen Leierkastens. Sie ähnelt der einer kleinen Orgel oder eines Harmoniums“. Schließlich: „Ein drehbarer Zug gestattet ausserdem noch während des Spiels den Ton zu verändern, sodass man abwechselnd piano, forte oder auch tremolo spielen kann“ (ZfI 8/1888 S.148).

1892 starb der Direktor Robert Lücke, und eine ganze Zahl an Familienmitgliedern beteiligte sich als aktive oder stille Teilhaber. Offenbar gab es nun eine für die Firma schwierige, kurze Phase, bis man 1894 wieder voller Optimismus berichten konnte: „Die Fabrik … scheint sich unter der Leitung ihres neuen tüchtigen und verständnisvollen technischen Directors, Herrn A. Böckel, zu neuen Thaten emporschwingen zu wollen... Im Interesse der Gesellschaft wünschen wir, dass [...] nun auch ein kaufmännischer Geist, der Verständniß hat für modernes Geschäftswesen, Einzug hält. Es ist nicht genug, etwas Gescheidtes zu fabriciren, man muß auch verstehen, es an den Mann zu bringen“ (ZfI 14/1894 S.855)

Bis zu ihrem Ende 1916 blieb die Firma auf Organetten spezialisiert. Zur Herbstmesse 1910 berichtete man: Phönix hätte nun keine echte Konkurrenz mehr auf diesem Gebiet und daher volle Auftragsbücher (ZfI 30/1910, S.1219). Noch 1911 verkauften sich die Automaten offenbar gut: „Die Fabrikate der Firma, Leierkästen mit auswechselbaren Zinknotenscheiben, erfreuen sich auch heute noch allgemeiner Beliebtheit, und werden auch für den Export nicht nur nach dem kontinentalen Ausland, sondern auch für Übersee, speziell Südamerika, stark verlangt. Die Instrumente sind von Jahr zu Jahr verbessert und sowohl in musikalischer Hinsicht wie äußerer Ausstattung derart vervollkommnet worden, daß sie heute zu dem Besten gehören, was sich in Drehinstrumenten dieser Art auf dem Markte befindet.“ (ZfI 31/1911 S. 710f.).

Nach Auflösung des Unternehmens stellte man bis nach 1926 bei →Holzweißig, Ernst, die gesamte Palette an „Phönix“-Organetten weiter her.

Firma in Daten:
  • 1886 Gründung am 25.3. in gemieteten Räumen Kurprinzstr. (ZfI 31/1911 S. 710). (Bei de Wit, Weltadreßbuch von 1903, ist allerdings als Gründungsjahr 1885 angegeben)
  • 1888 52 Arbeiter, jährlich werden 7000 Instrumente im Wert von 200 000 M gefertigt (ZfI 9/1888 S. 24). Contor nach Markt 8 I verlegt (im Lokal des Bankiers F. Kind, der an dem Unternehmen finanziell beteiligt ist) (ZfI 8/1888, S.331). Fabrik von der Kurprinzstr. nach Inselstr. 12 verlegt (ZfI 9/1888, S.103)
  • 1893 Umzug in eigene Fabrik in Gohlis, Obere Georgstr. (ZfI 31/1911 S. 710)
  • 1899 Viele Aufträge aus Rußland und Indien; Fabrik mit größerer Maschinenkraft ausgestattet zur Erhöhung der Stückzahl (ZfI 19/1899, S.1010).
  • 1911 Bedeutende Erweiterung der Fabrik (ZfI 31/1911 S. 711). Firma in „Leipziger Musikwerke Phönix GmbH“ umgewandelt. Schmidt ist Geschäftsführer, Gesellschafter sind u.a. Paul und Georg Simon (von →HOLZWEISSIG) sowie acht Verwandte des verstorbenen Wilhelm Lücke (ZfI 31/1911, S.771, Details S. 807)
  • 1915 (ca.) Noch vor 1916 legte Schmidt aus Gesundheitsgründen seine Tätigkeit nieder, an seiner Stelle wirkten die langjährigen Mitarbeiter Leopold Böttcher und Gustav Flor (Strengers 1999 S. 14)
  • 1916 Firma ist aufgelöst. Leopold Böttcher und Gustav Flor als Geschäftsführer ausgestiegen. Rudolf Schneider ist Liquidator (ZfI 36/1916, S.128)
  • 1918 Firma ist erloschen (ZfI 38/1918, S.215)
Auszeichnungen:
  • 1897 Leipzig sächsisch-thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung: Silber  für solide gearbeitete Musikwerke mit Notenscheiben (ZfI 18/1897, S.53) 
Personalien:
Schmidt, August Theodor Paul

(† um 1917) war Teilhaber bis 1911, dann Geschäftsführer dieses Unternehmens (ZfI 31/1911, S.771). Im Leipziger Adressbuch nannte er sich „Bürger und Kaufmann“, ab 1913 Fabrikbesitzer, ab 1915 Rentier. Er wohnte 1903-7 in der König- Johann-Str. 8, 1908-12 Fechnerstr.5, 1913-17 Marbachstr. 13. Ab 1918 findet sich unter dieser Adresse seine Witwe.

Lücke, Robert Wilhelm

(†1892) war Direktor bis zu seinem Tod (ZfI 12/1892, S.644).

Böckel, August

(† 1896 mit 60 Jahren) war technischer Leiter bis zu seinem Tod. Er verstarb nach längerer Krankheit  (ZfI 17/1896, S.159).

Geschäftliches:

Stammkapital

1911        152 000 M. (ZfI 31/1911, S. 807)

Literatur:
  • „Zum 25-jährigen Geschäftsjubiläum der Leipziger Musikwerke „Phönix“ Schmidt & co.“, in: ZfI 31/1911 S. 710 (hier besondere Würdigung von Betriebsleiter August Schmidt).
  • [Verschiedene Artikel zum Gerichtsstreit gegen PAUL EHRLICH]: ZfI 10/ 1890 S. 409, 410, 422, 434.
  • Bowers, David Q., Encyclopedia of Automatic Musical Instruments, New York 1972, S. 244, 752.
  • Ord-Hume, Arthur W.J.G., The Musical Clock, Derbyshire 1995 S. 228.
  • Strengers, Hendrik H./Goldhoorn, Luuk: Die Leipziger Musikwerke „Phoenix“, Schmidt & co. 1885-1916, in: Das Mechanische Musikinstrument 75/1999, S. 7-16.
  • Ord-Hume, Arthur W.J.G., The musical box: a guide for collectors, Atglen 1995.
Warenzeichen:
  • (Bild: ein Vogel auf einer Fahne mit Spruchband im Schnabel „Phönix“), Nr. 3745, am 20.7.1886 (ZfI 9/1889, S.242). 1896 Zeichen gelöscht (ZfI 16/1896, S.937) 

  

  • „Phoenix“, Nr. 26880. L 1877, ab 30.9.1897 (ZfI 18/1897, S.75)
  • „Diana“, Nr. 51140 L 3768. ab 16.10.1901 (ZfI 22/1901, S.183)
Patente und Gebrauchsmuster:

Patente (für die Firma)

  • 37939 St. 1474 Mechanismus zum Fortbewegen der Notenblätter mechanischer Musikwerke. 19.12.1885 (ZfI 7/1886 S.62, ausführlich mit Skizze ZfI 7/1887 S.270):

 

  • 39273 L. 3672 Verstellbare Führungsvorrichtung für Notenringe bei mechanischen Musikwerken. 7.4.1886 (ZfI 7/1887 S.233)
  • 39780 St. 1578 Klappenmechanik an mechanischen Musikwerken. 27.5.1886 (ZfI 7/1887 S.281)
  • 40505 L. 4180 Mechanismus zum Fortbewegen der Notenblätter mechanischer Musikwerke. Zusatz zu 37939. 3.3.1887 (ZfI 7/1887 S.374)
  • 40788 L. 3982 Ventilmechanismus für mechanische Musikwerke mit durchlochten Notenblättern. 7.11.1886 (ZfI 7/1887 S. 398)
  • 41054 Ventilmechanismus für mechanische Musikwerke mit durchlochten Notenblättern. 1. Zusatz zu 40788. 19.2.1887 (ZfI 7/1887 S.451)
  • 41603 L. 4277 Verstellbare Führungsvorrichtung für Notenringe bei mechanischen Musikwerken. Zusatz zu 39273. 10.5.1887 (ZfI 8/1887 S.48)
  • 43499 Einrichtung an mechanischen Musikwerken mit kreisförmigen, durchlochten Notenblättern, um verschieden grosse Notenblätter zum Abspielen bringen zu können. 16.6.1887 (ZfI 8/1888 S.265)
  • 43590 L. 4624 Ventilmechanismus für mechanische Musikwerke mit durchlochten Notenblättern. Zusatz zu 40788. 25.12.1887 (ZfI 8/1888 S.279, ausführlich mit Skizze S. 380):

  

  • 46624 L. 4553 Mechanismus für mechanische Musikwerke mit Stahlstimmen. 4.11.1887 (ZfI 9/1888 S.192, ausführlich mit Skizze ZfI 9/1889 S.330)
  • 60055 Dämpfereinrichtung an den Anreißhebeln für mechanische Musikwerke. Zusatz zu 54311. 27.1.1891 (ZfI 12/1891 S.37, ausführlich mit Skizze ZfI 12/1892 S. 247) (beruht auf Patent 54311 K. 6855 Dämpfereinrichtung an den Anreißhebeln für mechanische Musikwerke. G. A. Keile in Leipzig. 24.3.1889; ZfI 11/1890 S.38)
  • 60510 Anreißvorrichtung für Stahlstimmen. 2.4.1891 (ZfI 12/1891 S.102, ausführlich mit Skizze ZfI 12/1892 S.377):

 

  • 83576  Notenblatt mit nach beiden Seiten desselben vorstehenden Notenzeichen. 18.11.1893 (ZfI 15/1895 S.941)

Patent-Übertragung

o       34589 R. 2923 Mechanisches Musikwerk mit kegelförmigem Notenblatt. 22.11.1884. Gustav Richter in Leipzig. (ZfI 6/1886 S.152, ausführlich mit Skizze ZfI 6/1886 S.335). Patent übertragen auf Leipziger Musikwerke „Phönix“, Schmidt & Co. (ZfI 6/1886 S.502)

 

Gebrauchsmuster (für die Firma)

  • 17069 L. 896 Treibende Schnecke mit Zugstange aus Draht für Windbälge mechanischer Musikwerke. 2.8.1893 (ZfI 13/1893 S.849)
  • 17161 L. 920 Combination mechanischer Dreh-Instrumente in Gemeinschaft mit Schweizer-Spieldosen oder auch anderen Spielwerken. 15.8.1893 (ZfI 13/1893 S.849)
  • 27605 L. 1508 Combination eines Dämpfers mit einem Rädchenhalter für mechanische Musikwerke mit Stahlstimmen. 21.6.1894 (ZfI 14/1894 S.765)
  • 28175 L. 2896 Selbsteinkassirendes Musikwerk mit abwechselnd bethätigtem Grammophon (Sprechapparat). 28.5.1894 (ZfI 14/1894 S.791)
  • 29732 L. 1616 Mechanisches Musikwerk, dessen Umhüllung die vollständige Ausführung eines Buches, Albums etc. vorstellt. 14.8.1894 (ZfI 15/1894 S.23)
  • 30027 L. 1651 Windfang-Laufwerk mit kugelförmig eingestifteten Hälften. 28.8.1894 (ZfI 15/1894 S.23)
  • 34220 L. 1895 Notenblatt für mechanische Musikwerke mit Reklame-Inseraten-Aufdruck. 13.12.1894 (ZfI 15/1895 S.333)
  • 43353 L. 2376 Notenzeichen für Stahlstimmen mechanischer Musikwerke, aus zwei sich gegen einander versteifenden Schlingen oder Rollen. 4.7.1895 (ZfI 15/1895 S.801)
  • 58499 L. 2935 Pneumatische Spielmechanik für mechanische Musik-Instrumente mit in die Windlade eingebauten Stimmbälgen, die mit großen und kleinen Luftöffnungen versehen sind. 15.2.1896 (ZfI 16/1896 S.755)
  • 60159 L. 3376 Musikwerk mit im Winkel angeordneten Stimmenkämmen und unter sich verbundenen winklig zueinander stehenden Notenblatthaltern. 3.7.1896 (ZfI 16/1896 S.841)
  • 60833 L. 3198 Lösbare Notendruckwalzen-Andruckfeder und Ventildruckhebel mit Druckfeder am Ende an Musikwerken. 1.5.1896 (ZfI 16/1896 S.905)
  • 82790 L. 4481 Gleichmäßig spielendes Musikwerk mit je zwei unter sich verbundenen, von auf einer Achse versetzt angeordneten Kurbeln o. dgl. bethätigten Windschöpfern. 9.8.1897 (ZfI 18/1897 S.127)
  • 82791 L.  4482 Auslösevorrichtung für Musikautomaten mit durch ein Geldstück von einem Hebel beeinflußten Auslösehebel, welcher mittels eines Zahnes den Gang einer Schnecke durchläuft. 9.8.1897 (ZfI 18/1897 S.127)