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Seit es Musikinstrumente gibt, versucht der Mensch, diese selbstspielend zu gestalten. Nicht die Freude an der technischen Spielerei, sondern das Bedürfnis der Menschen nach Musik war die Triebfeder für diese Entwicklung. Die ältesten noch erhaltenen mechanischen Musikinstrumente sind die Glockenspiele in den Monumentaluhren des späten Mittelalters. In der Renaissance schufen Kunsthandwerker in Augsburg wertvolle Musikautomaten und selbstspielende Spinette, die über Stiftwalzen gesteuert wurden.
Glockenspiel mit Stiftwalze, Genf, vor 1800.
Im 18. Jahrhundert entstand die Flötenuhr, für die Haydn, Mozart und Beethoven Originalkompositionen schufen. Die Ansprüche an die technischen und musikalischen Möglichkeiten selbstspielender Instrumente stiegen ständig, und zu Beginn des 19. Jahrhunderts konstruierten sog. „Musikmaschinisten“ wie Johann Nepomuk Mälzel ganze selbstspielende Orchester, die „Orchestrien“.
Schwarzwälder Flötenuhr mit Figurenautomaten, um 1840.
Um die gleiche Zeit entstanden in der Schweiz die Spieldosen, bei denen die Stifte einer sich drehenden Messingwalze die Zähne eines Tonkamms anrissen und zum Klingen brachten. Im Zuge der Industrialisierung wurde es später möglich, preisgünstige und somit für jedermann erschwingliche Geräte herzustellen: Die über gelochte Pappscheiben gesteuerten Drehinstrumente „Ariston“ und „Herophon“ wurden zu Hunderttausenden verkauft. Sie wurden um 1890 von den Plattenspieldosen abgelöst, deren bekannteste Fabrikate „Polyphon“, „Symphonion“ und „Kalliope“ waren.
„Polyphon“-Musikwerk, Leipzig, 1900.
Mit der Einführung der Pneumatik gegen Ende des 19. Jahrhunderts gelang es erstmals, selbstspielende Klaviere herzustellen, die eine befriedigende dynamische Abstufung erlaubten. Die über „Pedale“ betriebenen „Phonolas“ und „Pianolas“ gehörten zu jeder gutbürgerlichen Einrichtung.
Für Gasthäuser und Tanzsäle wurden elektrische Klaviere und riesige pneumatische Orchestrien gebaut, und eine als achtes Weltwunder gepriesene selbstspielende Geige begeisterte die Musikliebhaber. Die um 1700 entstandene Handdrehorgel wurde zur klangstarken Karussell- und Tanzorgel weiterentwickelt.
Drehorgel „Harmonipan“, Berlin, um 1890.
1904 brachte die Firma Welte & Söhne den Klavierspielapparat „Mignon“ auf den Markt, der es erstmals erlaubte, das Klavierspiel eines Pianisten mit allen dynamischen und agogischen Details wiederzugeben.
Detail eines Reproduktions-Klaviers „Steinway-Welte“, Notenrollensteuerung.
Viele bedeutende Pianisten und Komponisten zu Beginn des Jahrhunderts, darunter Eugen d’Albert, Ferruccio Busoni, Ignaz Paderewski, Claude Debussy oder Richard Strauss, nutzten dieses Medium, um ihr Klavierspiel zu verbreiten bzw. die Interpretation eigener Werke für die Nachwelt zu erhalten. Seit den zwanziger Jahren erkannten auch Komponisten die „grenzenlosen“ Möglichkeiten selbstspielender Klaviere: Strawinsky, Hindemith und Toch schufen von Hand unspielbare Originalkompositionen. Mit der Verbreitung von Grammophon und Rundfunk gerieten die mechanischen Musikinstrumente zunehmend in Vergessenheit.
Die eigenwilligen Kompositionen des mexikanischen Einsiedlers Conlon Nancarrow führten jedoch zu einer Renaissance des Selbstspielklaviers, das heute wieder auf vielen Festivals für zeitgenössische Musik zu hören ist.
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Last update: December 2, 2020 (wt)